Saatgut ist die Grundlage für unsere Ernährung. Bäuerinnen und Bauern haben über Jahrtausende Anbausorten aus wilden Varietäten gezüchtet. Doch nun entwickeln die Konzerne aus diesem Menschheitserbe wenige Hochertragssorten: mit Patenten monopolisieren sie die Basis unserer Ernährung. Ein immer strengerer Sortenschutz schränkt Weiterzüchtungen ein.
Landwirt*innen weltweit, im globalen Süden wie im Norden – werden zunehmend von Konzernen abhängig. Innovationen finden nur noch im Sinne der Gewinnmaximierung statt und werden im schlimmsten Fall sogar mit Patenten geschützt. Das macht es für Landwirt*innen schwer, ihren Anbau an die lokalen Bedingungen und die Folgen des Klimawandels anzupassen. Zum Glück gibt es Alternativen: Immer mehr kleine Züchtungsunternehmen und Erhaltungsvereine arbeiten mit altem Saatgut und bewahren eine unpatentierbare Vielfalt.Sie bekommen jetzt Verstärkung: Die Open Source Seeds Lizenz garantiert bei Neuzüchtungen die Möglichkeit für andere, mit diesen Pflanzen weiter züchten zu dürfen.
Tausende haben zusammen mit Aktion Agrar schon gegen die ständige Machtausweitung der Agrarkonzerne protestiert. Wenn in Kürze die Übernahme von Monsanto durch Bayer genehmigt wird, kontrollieren nur noch drei Konzerne mehr als 60 Prozent des weltweiten Saatgutmarkts. Deshalb stellen wir Euch die Aktion zur Open Source Lizenz der Heinrich-Böll-Stiftung vor, die wir gerne unterstützen. Die Idee zur Open Source Lizenz für Saatgut wurde von einer Publikation der Heinrich-Böll-Stiftung inspiriert und vom gemeinnützigen Verein Agrecol vorangetrieben.
Die Open Source Lizenz funktioniert nach drei einfachen Regeln: Regel 1: Jeder darf das Saatgut frei nutzen, es vermehren, weiterentwickeln, züchterisch bearbeiten und es im Rahmen bestehender Gesetze weitergeben. Regel 2: Niemand darf das Saatgut und seine Weiterentwicklungen mit geistigen Eigentumsrechten wie Patenten belegen. Regel 3: Jeder Empfänger überträgt zukünftigen Nutzern des Saatguts und seinen Weiterentwicklungen die gleichen Rechte und Pflichten.
Open Source Saatgut passt gut zu einem Paket von Maßnahmen gegen die Macht der Saatgutkonzerne. Dazu gehören Züchtungsverfahren jenseits der Laboratorien der Konzerne, also auch bäuerliche Züchtung und die Züchtung in kleineren Unternehmen. Dazu gehört Tausch statt Verkauf, die Weitergabe samenfester Sorten, die Ablehnung gentechnisch veränderter Saat bis hin zu Strukturen der direkten Vermarktung – von Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften und SoLaWis bis Food Coops und Hofläden.
Wir wollen im Austausch mit anderen Saatgut-Aktivist*innen die Open-Source-Idee noch weiter entwickeln: wir brauchen eine öffentliche Förderung für Züchtungen auf Basis von Open Source Saatgut.
Das bedeutet Steuergelder für einen gemeinwohlorientierten Ansatz. Eine solche Förderung könnte die Züchter*innen finanziell entschädigen, die mit Open Source Saatgut arbeiten und die Ergebnisse ohne den einschränkenden gesetzlichen Sortenschutz zur Verfügung stellen. Sie schafft Anreize für eine andere Entwicklung von Saatgut, von dessen Vielfalt unser aller Überleben abhängt.
Gemeinsam setzen wir uns ein: für Saatgut-Vielfalt statt Konzernmacht!
Mit kämpferischen Grüßen,
Karen Schewina, Astrid Goltz, Jutta Sundermann und Leonie Dorn