Mitten hinein in diese unwirtlichen Bedingungen erreichte uns ein Notruf aus dem Karpatenland, Frau Oprea und ihre rund 150 Schützlinge benötigen händeringend Unterstützung – die Nahrungsvorsorge hat einen beängstigenden Tiefstand angenommen, und so haben wir wieder einmal alle Hebel in Bewegung gesetzt, um zum wiederholten Male das orange RespekTiere-Mobil bis an die Grenze der Belastbarkeit mit Hilfsgütern, vor allem in Form von Hundefutter, zu beladen. Fast 800 kg haben wir gesammelt, mit Ihrer unverzichtbaren Hilfe, dazu kommen Dutzende Kisten und Schachteln mit Dingen des täglichen Bedarfs, fein säuberlich in den Laderaum aufeinander schlichtet. Auch auf die persönlichen Bedürfnisse der alten Dame haben wir Bedacht genommen, extra für sie sind Hygieneartikel aller Arten sowie Grundnahrungsmittel sicher verstaut! Warme Kleidung für die alte Dame und für ihren tapferen Helfer sind ebenfalls dabei, und so starten wir doch frohen Mutes den weiten Weg in den Osten, der Kälte des Winters, aber gleichermaßen auch der Wärme des Herzens entgegen.
Wieder einmal hat Günther neben mir im vollbeladenen Van Platz genommen. Wir haben nun schon so manche Strapazen gemeinsam bewältigt, und genau so soll es auch dieses Mal sein – ein eingespieltes Team, welches dorthin Hilfe bringt, wo sie am dringensten benötigt wird! Allerdings gehen wir die Reise dieses Mal dann unter ‚verschärften Bedingungen‘ an, denn leider scheint der Zahn der Zeit langsam aber sicher auch an uns zu nagen! 🙂 Beide leiden wir nämlich an auf- und abschwellenden Schmerzen, bei mir sind die Bandscheiben auf ein Weiteres beleidigt, bei Günther eine angeknacksten Rippe – so freuen wir uns nicht wirklich auf die Entladung, wo es dann gilt alleine 800 kg an Hundenahrung an den ihr bestimmten Ort zu transportieren…
Problemlos wie immer meistern wir die Fahrt auf der perfekt gestalteten West-Autobahn durch Österreich hindurch; während Salzburg noch im Schnee versinkt, wird es im niederösterreichischen und burgenländischen Flachland zunehmend apper, nur mehr letzte Reste des flauschigen Weißes kämpfen gegen die langsam noch oben kletternden Temperaturen an. Allerdings bläst der für diese Region typische kalte Ost-Wind, und jener hat es in sich, erste Frühlingsgefühle nicht nur im Zaum zu halten, sondern diese schon im Keim zu ersticken!
Die ungarische Grenze, nach dem teuren Vignettenkauf, passieren wir hastig und zielstrebig; ein schneller Kaffee noch, dann verschwindet der heimatliche Horizont langsam im Rückspiegel; fast können wir sie nun schon fühlen, die Vorfreude Frau Opreas, sowie den langsam aufkeimenden Hoffnungsschimmer auf volle Mägen in ihrer Hundertschaft!
Am Morgen trauen wir kaum unseren Augen – fast 20 cm jungfräuliches Weiß bedecken das Land, zudem ist es bitter kalt! Es hilft alles nichts, ein schneller Kaffee noch, dann beginnen wir erst einmal die mitgebrachten Güter für das Caritas-Zentrum zu entladen – ja, leider ist das Hundefutter unter den Kisten und Säcken versteckt, und wir möchten keinesfalls erst bei Colt Alb, dem Asyl der Frau Oprea, alles auspacken müssen; dort, wo es keinen Unterstand gibt und sich die dicke Schneeschicht nun bestimmt langsam in schmutzigen Matsch wandelt, wären die Dinge – selbst wenn nur für die relativ kurze Zeit des Aufenthaltes – nicht gut aufgehoben; außerdem, die vielen Hunde würden den Berg wohl schnell als ihr Eigentum ansehen, ihn über und über zu markieren versuchen…
Die zusätzliche Arbeit kostet aber leider Zeit, noch dazu durch unsere gesundheitlichen Problematiken, und so starten wir dann erst gegen 9 Uhr zur Herberge. Ein Gedanke beschäftigt nun wieder zunehmend die Gehirnwindungen – wie werden wir wohl den selbst bei besten Verhältnissen nicht einfach zu passierenden Weg unter diesen verschärften Bedingungen schaffen?
Vali, der Helfer der Frau Oprea (und nun ihr ‚Kronprinz‘, denn er wird unter der Auflage, das Heim mindestens 40 Jahre weiter zu betreiben, das Grundstück und die damit verbundene Aufgabe erben), wartet dem Himmel sei Dank unter den Brückenpfeilern auf uns; kurz überlegen wir, ob wir denn die Fracht nicht doch gleich in seinen Van umladen sollten, aber dann fällt die Entscheidung auf das Selberfahren! Wir müssten mit seinem Fahrzeug mindestens dreimal den gefürchteten Weg bewältigen, dazu gäbe es kaum Platz für uns, also bleibt eigentlich gar keine andere Wahl!
Nun müssen wir aber weiter, so viele Aufgaben erwarten uns heute noch! Wir umarmen den tapferen Vali, im Versprechen, bald wieder hier zu sein und dann einen gemeinsamen Arbeitseinsatz zu gestalten – der wird unbedingt notwendig sein, noch vor dem Sommer – welcher im Augenblick ob der Witterung so weit weg zu sein scheint und doch in riesen Schritten näherkommt – Schutzdächer über den Hundehütten zu errichten!
Apropos Frau Oprea – sie haben wir dieses Mal gar nicht gesehen. Die Arme war vor kurzem im Spital gewesen, aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme, und jetzt, bei dieser Witterung, wäre es für sie zu gefährlich, auf dem nicht einschätzbaren Untergrund zu wandeln. Gute Besserung, Sie Liebe!!!
Die Nacht sollte eine kurze sein; zuerst sitzen wir noch etwas zusammen, dann gilt es eine Menge Arbeit am Computer nachzuholen. So ist es weit nach 1 Uhr morgens, bis endlich, endlich mit gutem Gewissen die Augen zufallen dürfen.
Das laute Hundebellen die Nacht hindurch bereitet uns schwere Sorgen. Oft reagieren die Behörden auf eine solche Entwicklung immer nach gleichem Muster: die Armen werden gejagd, vertrieben oder sogar getötet…
Auch heute hätten wir einiges mitgebracht, allerdings, der Mann ist nicht zu Hause. So werfen wir einen kurzen Blick in den Stall – das Pferd steht wie erwartet im eigenen Mist, herzzerreißend! Ja, ein Versprechen, Rudi soll mit dem Trinker ein letztes Mal zu reden versuchen, und wenn solche Zustände weiter herrschen, dann darf er nicht mehr mit unserer Hilfe rechnen. Auch ein Hund, selbstredend an der Kette, lebt in unvorstellbarer Agonie. Sein Häuschen bis ins Unkenntliche verschmutzt, der Arme voller Matsch, die Kette viel zu kurz. Er hebt nicht einmal den Kopf als wir nähertreten, erst als er das Öffnen des Futtersackes hört, erwachen seine erloschenen Lebensgeister. Gierig schlingt er die Brocken in sich, ausgehungert, nimmt sich kaum Zeit zum Schlucken.